Ban Fossil Ads Konferenz- Wir auf internationaler Konferenzreise

Der Berlin Busters Social Club war auf Reisen ins ferne Brüssel zur Adbusting-Konferenz „Ban Fossil Ads“ im März 2024. Ist fast beim Drogenbos gestrandet, hat sich Brüssel angeschaut, neue Leute kennen gelernt und sich über die verschiedenen Strategien, Werbung abzuschaffen, oder mindestens zu dekabonisieren ausgetauscht…

Am Mittwochabend den 06.03 2024 bestiegen drei Mitglieder des „Berlin Buster Social Clubs“ zusammen mit einem Freund todesmutig einen Nachtzug, um ins ferne Bruxelles (unter Nicht-Weltenbummler*innen auch als Brüssel bekannt) zu reisen. Der Grund der Reise war die „Ban Fossil Ads“- Konferenz. Drei Tage lang trafen sich Menschen aus unterschiedlichen Gruppen und Ländern für gemeinsame Workshops, Skillsharing und zum strategischen Austausch rund um das Thema Werbung zu dekabonisieren bzw. generell abzuschaffen.

auf Reisen
Die Fahrt im Nachtzug war sehr aufregend. Als sie trotz eines technischen Fehlers und eines daraus resultierenden unfreiwilligen Umstiegs, dann doch endlich am Donnerstagmorgen in Bruxelles ankamen, sahen sie sich zuerst mit den Schwierigkeiten der bruxellischen Amtssprachen konfrontiert: französisch und niederländisch. Das Wortz „Drogenbos“ ist in Brüssel ein völlig normaler Name für einen Stadtteil mit 5700 Einwohner*innen. https://de.wikipedia.org/wiki/Drogenbos

Suche nach dem Hostel
Zum Glück war immerhin ein kluger Mensch dabei, welcher nur zwei von sechs Jahren Französischunterricht verschlafen hatte und damit zumindest über einen grundlegenden Wortschatz verfügte. Der Rest musste sich mit Englisch durchschlagen…
Nachdem auch die Entäuschung darüber, dass das Hostel nicht beim „Drogenbos“, sondern in der entgegengesetzten Fahrtrichtung der Straßenbahn lag, überwunden war, konnte der Touri-Spaß beginnen. Der Donnerstagnachmittag war schnell mit Sightseeing verbracht. Zuerst besichtigten alle vier zusammen die Innenstadt und machten in guter Touri-Manier wahnsinnig viele schlechte Fotos.

Justizpalast oder Comicmuseum?
Danach teilte sich das Quartett auf, weil ein Mitglied merkwürdigerweise lieber den Justizpalast und das königliche Schloss, sowie die königliche Bibliothek besichtigen wollte, anstatt das Comicmuseum zu besuchen und dabei selbstverständlich den Eintritt zu prellen.

Der Justizpalast

Nachdem drei Quartettmitglieder Essen gegangen waren (ja, diesmal wurde bezahlt) und die vierte Person saufen war (ob hier bezahlt wurde ist nicht bekannt), stieß ein weiterer Freund des „Berlin Buster Social Clubs“ dazu. Da demr Autor*in dieses Textes das Angeberwort für eine fünfköpfige Gruppe nicht bekannt ist, wird im weiteren Textverlauf das langweilige Wort „Gruppe“ verwendet.

Bücherladen

Erster Konferenz Tag – Kennenlernen
Am nächsten Morgen machte sich die Gruppe nach einem sehr enttäuschenden (leider nicht veganem und sehr zuckerhaltigem) Frühstück auf den Weg, zum eigentlichen Ziel der Reise: Der „Ban Fossil Ads“ Conference. Hierbei trafen sie auf einen weiteren Freund und zu sechst kamen sie dann bei der Konferenz an.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die Konferenz fand zum dritten Mal statt und wurde unteranderem von Subvertisers international organisiert. Rund 65 Menschen aus unterschiedlichen Ländern diente die Konferenz zum Austausch und Netzwerke knüpfen. Die Teilnehmenden hatten teilweise sehr unterschiedliche Hintergründe. Zu ihnen gehörten Politiker*innen, Aktivist*innen, Student*innen, Werbetreibende und Künstler*innen.

Der erste Tag startete mit einer Kennenlernrunde (hat eine Person von uns mit einer besonders kurzen knackigen Vorstellung gerockt), das Awarenesskonzept wurde vorgestellt und es gab mehrere Reden, zur Begrüßung und auch zur Information worum es geht.

Politik und Lobbyismus
Erfreulicherweise gab es auf der Konferenz viele vegane Snacks. Inhaltlich war der Kongress durchmischt, es gab sehr interessante Berichte über Aktionen von Straßenkünstler*innen aus aller Welt, aber auch Reden von Politiker*innen, die sich 5 von 6 Gruppenmitgliedern auf Englisch übersetzen lassen mussten. Für den EU Abgeordneten David Cormand schien Werbung ein Herzensthema zu sein. Er hat dazu sogar ein Buch geschrieben! Er war erstaunlich radikal in Bezug auf Werbung verbieten. Schade, dass wir ihm nicht schon früher über den Weg gelaufen sind.

EU Gebäude

Mit ihm war noch eine Lobby-Person da. Sie hat ihren Berufsalltag beschrieben, der für unsere jungen Leute nicht so spannend klang. Erschreckend war bei ihrem Vortrag, wie kurz der Weg zwischen den Büros zu sein scheint und wie selbstverständlich ein Seitenwechsel zu sein scheint. Für die schien Lobbyismus ein ganz normaler Teil des politischen Prozesses zu sein was von Teilen des Berlin Busters Social Club für befremdlich empfanden.

Ein paar Touri-Bilder müssen sein

Mitglieder der Grünen Jugend aus Dänemark zeigte eine ihrer Kampagnen, Sie hatten das Label des größten landwirtschaftlichen Lobbyverbandes parodiert. Damit erstellten sie eine Kampagnenseite, fälschten eine Pressekonferenz, machten Adbustings und begleiteten dies groß mit Medienarbeit. Inhaltlich ließen sie den Lobbyverband eine 180-Grad-Kertwende hinlegen. Statt Profit stellte der Verband nun Umwelt, Menschen, Nachhaltigkeit und Klimaschutz in den Vordergrund.

Der erste Konferenztag war ziemlich gut, es war sehr interessant zu erfahren, was die anderen so machen.

Zweiter Konferenz Tagban fossil ads
Der nächste Tag brachte viele weitere Workshops mit sich. Es gab unter anderem Vorträge über das Sponsoring im Sport, mit dem Fokus darauf, wie Fans gegen fossile Werbung von Sponsor*innen vorgegangen sind, einen Überblick über die letzten Erfolge im Kampf gegen Werbung für fossile Brennstoffe in Europa und einen Workshop, in dem es darum ging, wie mensch die Reichweite von Influencer*innen nutzen kann, um auf politische Ziele aufmerksam zu machen (Spoiler: mensch bezahlt sie…). Wir haben viele unterschiedliche Workshops besucht, die wir im Folgenden kurz beschrieben haben:

Sponsering im Sport:
Während früher Tabakwerbung in der Formel 1 für großen Wirbel sorgte und erfolgreich bekämpft wurde versuchen heutzutage vor allem Glückspielfirmen und Fluggesellschaften ihr öffentliches Image durch Sportsponsoring zu verschönern. Im Workshop „Sports Sponsorship & Paris Olympics“ ging es deshalb darum diese Verstrickungen von Konzernen mit großen Sportvereinen zu analysieren und Möglichkeiten aufzuzeigen diese mit Forschungs- und Öffentlichkeitsarbeit anzufechten.


Dabei ging es in einem praktischen Teil unter anderem um die Analyse der Sponsoren der diesjährigen olympischen Spiele in Paris und der Fußball Europameisterschaft bei uns in Deutschland. Zum Ende überlegten wir wie und mit welchen Gruppen zusammen wir diese kritischen Kooperationen öffentlichkeitswirksam anprangern können.

Laufband, das zwei U Bahnstationen mit einander verbindet

Muncipalities: prograss, pushbacks and next steps:
Wie überzeuge ich Stadträt*innen und Bürgermeister*innen von Werbeverboten? Darum gings in dieser Veranstaltung ausgehend vom Beispiel von London und niederländischen Gemeinden. London hat in der U-Bahn alles Mögliche an Werbung für gesundheitsschädliche Produkte verboten und diese Entscheidung auch implementiert. Amsterdam hat Werbung für klimaschädliche Produkte bereits vor fünf Jahren verboten, die Umsetzung ist jedoch nicht in Sicht. Es zeigte sich, dass trotz europäischer Einigung die rechtlichen Rahmenbedingungen für Kommunen recht unterschiedlich sind. Narrative, die gut ziehen sind „Gesundheit“ und „Kinder“.

Ein paar der Plakate, der Stay Grounded Kampagne haben wir in Berlin wieder gesehen

Stay Grounded:
Im Workshop „Stay Grounded: international week of action against airline ads + sponsorship“ ging es speziell um Werbung von Fluggesellschaften und wie sie den öffentlichen Raum durch Werbeflächen nutzen um für mehr Flüge zu werben. Dabei braucht es zur Erreichung der Klimaziele deutlich weniger davon! Einen wirksamen Plan die CO2 Ausstöße durch Flüge zu verringern hat die Flugindustrie nämlich nicht.
Wir schauten uns an wie die Werbungen aufgebaut sind, wie dabei Greenwashing betrieben wird und wie wir als Aktivisti dagegen durch Protest oder das Abändern von Werbung aktiv werden können.

Am Nachmittag konnte mensch zwischen einem Vortrag zum Thema Greenwashing, einem Skillshare zum Thema Straßenkunst und einer offenen Diskussion wählen.

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Skillshare:
Beim Skillshare wurde es sehr praktisch und klebrig. Im Workshop „Practical skillshare: subvertising, adbusting, brandalism, art“ wurde gezeigt was man alles aus entwendeten Werbepostern mithilfe von Kleister und anderen Bastelutensilien alles erstellen kann. Von Vorhangringen, über Schriftzüge bis hin zu Blumentöpfen war einiges dabei.
Zwei aus unserer Gruppe haben beim „artsy skillshare“ ein Polizei zum kotzen Schild gebaut was wir nachher für unsere Aktion verwendet haben.

Das hier ist eine sehr shöne Uhr! Aber so richtig gut lesen könne wir sie nicht.

Mit Adbusting und Petition zum Stadtrat
Mit Aktivist*innen aus Brüssel berichteten in der OpenSession von einer taktisch sehr interessanten Kampagne. Sie hatten eine Pedition für ein Werbeverbot an den Stadtrat aufgesetzt. Diese machten sie mit einer „Take-over“-Aktion bekannt. Sie kaperten 200 Werbevitrinen. In diese platzierten sie Poster mit dem Slogan: „Möchtest Du Werbung verbieten?“ und darunter einen QR-Code und einen Link zur Petition. Bis zum Morgen unterzeichneten tausende Personen mit Namen und Adresse die Petition. Die Aktivist*innen mussten danach ihr Anliegen im Stadtrat mit Gesicht und Namen vorstellen. Medienberichte ohne Ende, Die Werbefirma Decaux gab sich alle Mühe, den Vorgang medial klein zu halten und verzichtete sogar auf Repression.

Linienplan von Bruxelles

Kunst im öffentlichen Raum
Am Abend folgte ein größeres Kunstprojekt, für welches sich die Teilnehmer*innen in Kleingruppen aufteilen und sich anschließend auf in die dunklen Straßen Bruxelles‘ machen mussten (das Schwarzfahren war an diesem Abend die geringfügigste Straftat).
Es gab vorher ein kleines Briefing. Die Gruppenfindung war für manche von uns eine kleine Katastrophe aber am Ende hatten alle eine Gruppe gefunden.

Eine Gruppe hat sich gegen Adbusting und für Quatsch mit Brunnen entschieden

Es gab Leute, die zum ersten Mal eine Adbusting Aktion gemacht haben. Sie waren am Anfang ein bisschen zögerlich, aber später unterwegs wie abgebrühte Profis. Anschließend waren noch einige Leute in der Bar und auf ner Party. Wir waren zu müde und haben dann nur noch ein Bier in der Hotellobby getrunken. Ein Bier musste schon sein in Belgien 🙂

Letzter Konferenz-Tag
– Strategien gegen Repression und Feedback
Am nächsten Morgen wurde beim Frühstück unerlaubterweise fleißig Essen für die Fahrt eingesteckt und sich anschließend auf zum letzten Teil des Programms der Konferenz gemacht. Wir konnten sogar noch kurzfristig unseren Workshop zum Thema Erfahrungsaustausch zu Repression unterbringen. Leitfragen waren dabei: Hast du Erfahrung mit Repressionen, Welche Strategien gibt es, wie geht ihr damit um?

Kaputte elektronische Werbevitrine. Haben wir auf einem unserer Wege durch Bruxelles gefunden.

Zuvor ist uns aufgefallen, dass es auf der Konferenz unterschiedliche herangehensweisen beim Thema Repressionen gibt. Verbreitet waren offensive Strategien. In Frankreich zum Beispiel Kündigen sie Adbustingaktionen ganz offen an, setzeen sich vor Ort mit den Cops auseinander und klagen anschließend. Die darauf folgenden Gerichtsverfahren werden politisch geführt und medial begleitet. Eine Gemeinsamkeit, die wir bei dem Austausch festgestellt haben ist, das alle bei Represionen vorallem die coolen Aktionsbilder einsetzen und die Werbefirmen in Europa unterm Strich kein interesse an öffentlichen Strafverfahren zu haben.

Abschließend gab es eine Feedbackrunde. Die Veranstaltung wurde fleißig reflektiert und es gab Überlegungen, wie es weiter gehen soll. Um keine hitzige Diskussion vom Zaun zu brechen, durch die der gesamte Club den Zug verpasst hätte, haben wir auf eine Kritik an der antisemitischen Israelkritik vieler Teilnehmer*innen verzichtet. Wegen Zeitdruck brach der Berlin Busters Social Club mitsamt einem Hangaround so bald wie möglich auf um sich auf den Weg zurück nach Berlin zu machen.

Berlin Berlin… wir fahren zurück!
Durch verschiedenste Umstände, unter anderem der kurzfristigen Abwesenheit der Lock fahrenden Person, verzögerte sich die Rückreise so lange, dass die stibitzte Verpflegung nicht für die ganze Fahrt reichte, aber immerhin konnten sich die Reisenden bei ihrer Ankunft um halb eins (morgens!!!) in Berlin über einen Rabatt von 25% auf die ICE-Tickets freuen.

Fahrradparkhaus In Brüssel. sowas wollen wir auch in Belrin haben!

Alles in allem war es ein sehr interessanter Ausflug. Wir waren diesmal mit Leuten unterwegs die einen unterschiedlichen Erfahrungsschatz und Altersunterschied hatten, weshalb die Konferenzteilnahme für den BBSC enorm gewinnbringend war, weil wir dadurch mit unterschiedlicheren Leuten ins Gespräch gekommen sind. Ein trauriges Lernergebnis war die Erkenntnis, dass Israelhass und Antisemitismus ein noch größeres Problem in der europaweiten linken Szene sind, als bisher vermutet. Trotzdem konnten Kontakte zu verschiedenen Menschen geknüpft und der persönliche Horizont der einzelnen Gruppenmitglieder erweitert werden.