Bundesverfassungsgericht pfeift Polizei zurück: Hausdurchsuchung bei Adbusting illegal

Großer Erfolg für politische Plakatkünstlerinnen: Wer Bundeswehrwerbung öffentlich umgestaltet, darf deswegen noch lange keine Hausdurchsuchung kassieren, so beschloss heute das Bundesverfassungsgericht (Aktenzeichen 2 BvR 1749/20). Das Gericht erklärte die vom LKA Berlin 2019 wegen antimilitaristisch verbesserter Bundeswehrwerbung durchgeführten Hausdurchsuchungen für illegal. Die Berliner Polizei begründete die Hausdurchsuchungen bei Adbusting-Aktivistin Frida Henkel und ihrer Freundin damit, dass die Bundeswehr durch politisch veränderte Werbung (Adbusting) “gar lächerlich” gemacht werde. Dieses Vorgehen enstpreche “nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit”, so das Bundesverfassungsgericht: “Die Anordnung der Durchsuchung war unangemessen, da die Schwere des Eingriffs außer Verhältnis zu dem mit ihm verfolgten Zweck steht”. Das Urteil wurde auf der Seite des BVerfG veröffentlicht.

Kritik an Bundeswehr bleibt dringend
Adbuster*innen können sich über diese Entscheidung freuen, denn überzogene Repressionen bei Staatskritik stellten keine Seltenheit dar. „Dass Karlsruhe überhaupt darüber entscheiden musste, ob man wegen bundeswehrkritischen Postern Hausdurchsuchungen machen darf, ist ein Skandal! Das zeigt bereits, dass Kritik an Polizei und Bundeswehr dringend nötig ist!“ sagt Frida.


Das inkriminierte Poster aus 2019. Bild aus der damaligen Ermittlungsakte.

Soligruppe spricht von „Klatsche“
Die Lage von Adbusterinnen hatte sich bereits vor der heutigen Entscheidung des Verfassungsgerichts bedeutend verbessert. „Mit rotzfrecher Öffentlichkeitsarbeit machten Adbusterinnen auf die Behörden so viel Druck, dass die Staatsanwaltschaft in den letzten Jahren ein Adbusting-Verfahren nach dem anderen einstellte und sogar eine Straffreiheitseit feststellte, wenn man eigene Poster in Werbevitrinen aufhängt“, so Klaus Poster von der Soligruppe plakativ, die die juristische Auseinandersetzung von Anfang an begleitet hat. Ihn freue die Signalwirkung, die „diese Klatsche in den Repressionsbehörden auslösen wird.“ Schließlich komme es selten vor, dass derart eindeutig über die Unverhältnismäßigkeit polizeilichen Handelns gerichtet werde.

Solidarität auf Poster
Die Berliner Adbusting-Szene solidarisiert sich mit Frida: „Sowas von Feierabend für die Cops. Schluss mit Hausdurchsuchungen wegen Adbusting!“, heißt es auf einem umgebastelten Bier-Werbeposter, das Aktivist*innen heute in eine Bushaltestelle in der Innenstadt hängten.
Soliaktion am 21.12.23 in Berlin. Gefunden auf Indymedia.

Eine Dokumentation über die Vorgeschichte dieses Urteils findet sich bei der Soligruppe plakativ und im Buch „Mega Unerhört: Adbusting mit Polizei und Militär“ des Berlin Busters Social Club.

Für Fragen steht am Donnerstag, 21.12. von 9-12h Prof. Dr. El-Ghazi bereit:

Univ.-Prof. Dr. Mohamad El-Ghazi
Lehrstuhl für Deutsches und Europäisches Strafrecht, Strafprozessrecht und Wirtschaftsstrafrecht
Direktor des Trierer Instituts für Geldwäsche- und Korruptionsstrafrecht (TrIGeKo)
FB V – Rechtswissenschaft
Universität Trier
54296 Trier
Telefon: +49651-201-2592
Email: elghazi@uni-trier.de

Frida Henkel, Betroffene und Klägerin: 017657869876

Klaus Poster, Soligruppe plakativ: plakativ@riseup.net

Mehr Infos:

https://plakativ.blackblogs.org

Frida im Fernsehen:
https://www.youtube.com/watch?v=r5iWCHkyxm8

Prof. Dr. Fischer-Lescano erklärt das mit dem Adbusting:
https://verfassungsblog.de/adbusting-unbequem-aber-grundrechtlich-geschuetzt/

Adbusting-Buch „Mega unerhört: Adbusting mit Polizei und Militär“ kaufen:
https://black-mosquito.org/de/mega-unerhort-adbustings-mit-polizei-und-militar.html

Outdoor-Ausstellung in Karlsruhe zu kriminalisierten Adbusting von dies irae:
https://www.facebook.com/media/set/?set=a.1486216304896837&type=3